aphorismen3

Man denke nur an Lord Kelvin, den Erfinder der nach ihm benannten Temperaturskala und Präsident der britischen Royal Society der Wissenschaften, der sich im Jahre 1900 in einer Rede zu folgendem Satz hinreißen ließ:

„Jetzt gibt es nichts neues mehr in der Physik zu entdecken. Wir müssen jetzt nur noch zunehmend genauere Messungen durchführen.“

Keine zwanzig Jahre später stand in der Physik jedoch kein Stein mehr auf dem anderen, denn Relativitätstheorie und Quantenphysik hatten von den vermeintlichen Gewissheiten wenig übriggelassen.
Kelvin gab in seiner Rede nur die damals gängige Lehrmeinung wieder, die beinahe zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung geworden wäre! Im Jahre 1874 erkundigte sich nämlich ein junger Mann, der gerade das Abitur als viertbester seines Jahrgangs bestanden hatte, bei dem münchner Physikprofessor Philipp von Jolly nach seinen Aussichten für ein Physikstudium. Dieser, ganz Kind seiner Zeit, legte dem angehenden Studenten jedoch nahe, sich bei seiner Begabung eher auf ein anderes Fach zu verlegen, da in dieser Wissenschaft doch schon fast alles erforscht sei und es nur noch gelte, einige unbedeutende Lücken zu schließen.

Der Abiturient entschied sich dennoch für die Physik. Er wurde mit 22 habilitiert und veröffentlichte 1900, im Jahr von Kelvins Rede, eine Arbeit, in der zum ersten Mal der Begriff Quanten auftauchte.

Sein Name war Max Planck.

Posted by:Axel Stöcker

Axel Stöcker studierte Mathematik und Chemie. Seit 2016 bloggt er zu den „großen Fragen“ der Wissenschaft und des Lebens im Allgemeinen und war damit schon mehrfach für den Wissen-schaftsblog des Jahres nominiert (https://die-grossen-fragen.com/). Einen Schwerpunkt bilden dabei die Themen Bewusstsein und freier Wille. Dazu interviewt er auf dem YouTube-Kanal „Zoomposium“ zusammen mit Dirk Boucsein bekannte Hirnforscher wie Wolf Singer oder Gerhard Roth. Seine Gedanken zu diesem Thema hat der „Skeptiker mit Hang zur Romantik“ nun in dem Roman „Balduins Welträtsel“ verarbeitet.

3 Antworten auf „Aphorismen II

  1. Sehr hübsche Geschichte. Den Artikel hättest Du Leonard in der 2. Folge der 11. Staffel der Big Bang Theory geben sollen. Das hätte ihm das Leben nach seinem Anfall von physikalischem Entdeckungspessimismus sicher sehr erleichtert. Im übrigen würde den Kontext Deiner Ausführungen auch ein Artikel über Emil Heinrich Du Bois-Reymonds „Ignoramus et ignorabimus“ (Wir wissen es nicht und wir werden es nicht wissen) und unsere heutige Einschätzung seines Buches „Über die Grenzen der Naturkenntnis“ von 1872 vorteilhaft verdeutlichen.

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  2. Hallo Matthias Kaup,
    habe mir extra dafür diese Episode angesehen und kann nicht so ganz eine saubere Verbindung zu der dort dargestellte Dilemma und hier erwähnten Beispiele herstellen.Wir haben haben eine Krise in der Naturwissenschaften und die ist nicht von der Hand zuweisen. Die Krise wurde mittlerweile von zu viele, bekannten Größen in der Physik zBsp. durchleuchtet.
    Auch in der Serie wird von einer temporären Sackgasse gesprochen und nicht von der absoluten Sackgasse. Zumal , ganz ehrlich , welch seriöser geist nimmt als Eichparameter eine Sitcom ?
    Ich hoffe ganz inständig das nicht alle die Welt durch die Sitcom-Brille ansehen. Dann hätten wir in der Tat die endgültige Krise ( Kollaps) .

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