Gefühle und Gedanken, Emotion und Ratio, Rausch und Rationalität, Herz und Hirn – da gibt es so einen Dualismus, der unser Leben, ja, unsere Gesamte Kultur durchzieht. Die Griechen beschrieben diese beiden Qualitäten durch das Götterpaar Dionysos und Apollon. Dionysos stand für die Freude, den (Wein-)Rausch und die Ekstase, die immer auch das Chaos und den Wahnsinn in sich trägt, während Apollon Harmonie, sittliche Reinheit, Mäßigung, Rationalität und Ordnung symbolisierte.
Empfinden tun dies die meisten Menschen heute noch so, selbst wenn sie mit der Götterwelt der Griechen nichts mehr am Hut haben, weshalb die meisten Menschen so etwas wie „fühlende Dualisten“ sind, was uns auch Prof. John-Dylan-Haynes im Interview bestätigte. Ob dieses Gefühl aber das Abbild einer dualistischen Realität ist oder ob der Schein trügt, ist eine der ältesten und umstrittensten Fragen der Philosophie und inzwischen auch der Hirnforschung. Hängen Gefühle und Bewusstsein vielleicht viel stärker zusammen, als wir annehmen? Sind sie gar so etwas wie zwei Seiten derselben Münze?
Grund genug für Dirk Boucsein und mich auf unserem YouTube-Kanal Zoomposium zwei Experten zu diesem Thema zu befragen. Im ersten Teil sprachen wir mit Prof. Achim Stephan von der Universität Osnabrück über die Frage, wie Gefühle unser Denken beeinflussen. Sein Hauptarbeitsgebiet ist die Philosophie des Geistes, und dort besonders die Emergenz, Emotionen und Affektivität.
Zum vollständigen Interview geht es hier.

Wir wissen also nicht und werden vielleicht auch nie wissen können, wie genau Bewusstsein entsteht bzw. was es ist! (Qualia-Problem) Gleichwohl versuchen Techis, es nachzubauen in den neuronalen Netzen der künstlichen Intelligenzen.
Wie verblüffend (verstörend?) das mittlerweile gelingt, zeigt das Video, das ich wegen seiner Erstaunlichkeit und Grusligkeit „verbloggt“ habe:
Gespräch mit Claude: Wie eine KI sich selbst und die Welt erlebt
Über einen Kommentar von Ihnen würde ich mich sehr freuen!
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Danke für diesen Kommentar und den Hinweis, Claudia.
So einig sich alle darüber sind, wie verblüffend bis verstörend das alles ist, so uneinig sind sie sich darüber, wie es zu bewerten ist. Das gilt auch für die Experten, das sehen wir in unseren Interviews. Da gibt es alle Einschätzungen dieser Sprachprogramme. Vom „hochgezüchteten Papagei“ (Thomas Fuchs) bis zur Warnung vor echten Gefahren (Daniel Dennett).
Ich persönlich schwanke immer wieder in meiner Ansicht. Worin ich mir dagegen sicher bin, ist, dass durch KI alte Fragen nur gestellt werden. Zum Beispiel: Was bedeutet verstehen? Bis jetzt kann man bei ChatGPT immer noch leicht feststellen, dass er nicht wirklich versteht. Versteht er tatsächlich, wenn die Simulation einmal so gut sein sollte, dass wir es nicht mehr merken, wo er doch seine Sätze so aufbaut, dass er einfach die wahrscheinlichste Wortkombination berechnet? Wir machen das anders, das ist sicher. Aber wie verstehen wir eigentlich? Was bedeutet Verstehen für uns? Was passiert bei uns, wenn „der Groschen fällt“?
Ich glaube KI ist auch ein Spiegel, der uns zeigt, dass wir uns selbst noch nicht erkannt haben.
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“Wir wissen also nicht und werden vielleicht auch nie wissen können, wie genau Bewusstsein entsteht bzw. was es ist! (Qualia-Problem)”
Sie sprechen zwei verschiedene Fragen an bzw. setzen diese gleich. Die erste Frage „was Bewusstsein ist“ ist eine ontologische bzw. philosophische Frage. Aus meiner Sicht können wir diese heute beantworten: Bewusstsein ist ein physiologischer Prozess in Lebewesen.
Die zweite Frage, also „wie es entsteht“, ist primär eine empirische Frage. Hier wird es aus meiner Sicht niemals die eine Antwort schlechthin geben. Denn welche Mechanismen für Bewusstsein notwendig sind kommt darauf an auf welcher Ebene wir Mechanismen empirisch untersuchen um sie dann zu beschreiben und zu erklären. Ich gebe Beispiele an damit verständlicher wird was ich aussagen möchte. Betrachtet auf der Molekularebene finden wir andere Prozesse und Mechanismen als auf der Netzwerkebene des Gehirns. Dann gibt es andere Prozesse für „Hören“ als für „Sehen“ oder für „Denken“. D.h. die Frage „wie entsteht Bewusstsein“ wird empirisch in tausend Scheibchen zerschnitten und das ist auch notwendig um Prozesse für Bewustsein detaillierter zu beschreiben und zu erklären.
Die eine Erklärung für Bewusstsein wird es also niemals geben; und wenn es sie gäbe wäre sie so abstrakt dass sie schon fast wieder nur philosophisch statt empirisch wäre. Sie wäre dann notwendig so theoretisch dass man automatisch weiter fragen würde „aber wie funktioniert es denn jetzt im Detail?“
Gruß,
Philipp
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