In Summers County, West Virginia, steht eine Statue von John Henry, einem US-amerikanischen Volkshelden, der um 1850 herum gelebt haben soll (die Historizität der Figur ist umstritten). Seine Geschichte ist schnell erzählt: John Henry arbeitet im Tunnelbau für eine neue Eisenbahnstrecke in West Virginia. Seine Aufgabe ist es als „Steel-driving-man“ mit Hilfe schwerer Hämmer und Bolzen Sprenglöcher in die Wand zu treiben. Eine harte körperliche Arbeit, bei der er zu singen pflegt. Eines Tages erklärt man ihm, dass seine Arbeitskraft durch dampfbetriebene Hämmer ersetzt werden solle. John Henry, ebenso selbstbewusst wie muskulös, will seinen Arbeitsplatz jedoch nicht kampflos räumen und fordert die Maschine zum Zweikampf heraus. Wer schafft es, mehr Löcher innerhalb eines Arbeitstages zu bohren? Henry arbeitet zunächst singend in seinem normalen Rhythmus. Das Rennen wird eng, die Puste knapp, so dass er nach einiger Zeit stumm weiterhämmert. Am Ende besiegt er die Maschine unter Einsatz all seiner Kräfte knapp, doch er erliegt noch am selben Abend seiner Erschöpfung und stirbt.
KI-Revolution in der Musik – Ich duelliere mich mit Suno! weiterlesenSchlagwort: ChatGPT
„Die einzige Idee, die je in der KI funktioniert hat“ – Konrad Körding im Gespräch
„Die Wissenschaftler fragen ganz viel über die Statistik und ganz wenig darüber, was das denn jetzt genau heißt.“ Nachdenklich Töne von jemandem, der ganz praktisch versucht Maschinen das Denken beizubringen? Im Interview mit Prof. Konrad Körding von der Universität Pennsylvania – wie immer zusammen mit Dirk Boucsein – gab es das öfter. Auch wenn die „einzige Idee, die je in der KI funktioniert hat“ so einfach sei, dass sie im Grunde jedes Kind verstehen könne, wissen wir letztlich nicht, ob „die Geschichten, die die Neurowissenschaften über den Menschen erzählen“ stimmen oder nicht.
Hier wie immer der Trailer, in dem man gleich zu Anfang erfährt, warum Wissenschaftler so viel über Statistik reden. Zum vollständigen Interview geht es hier.
Der Mann, der selbst neuronale Netze beeindruckt – Patrick Krauss, KI-Experte
Patrick Krauss, das ist der Mann, „der künstliche Intelligenz und Hirnforschung auf eine Weise verbindet, die selbst ein neuronales Netzwerk beeindrucken würde“. Diese Einschätzung von ChatGPT würde ich sofort unterschreiben, nachdem ich vor Kurzem das Vergnügen hatte, ihn zusammen mit Dirk Boucsein auf unserem Kanal Zoomposium zu interviewen. Von ChatGPT war dabei häufig die Rede. Der Chatbot habe erstmals den Turing-Test bestanden, meinte Herr Krauss. Ich war nicht restlos überzeugt und bin es auch jetzt noch nicht, wenn ich sehe, was ChatGPT sonst noch über den KI-Experten und Buchautor von der Uni Erlangen geschrieben hat: „Wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist, die Grenzen des menschlichen Wissens zu erweitern, findet man ihn wahrscheinlich beim Versuch, den perfekten Espresso zu brauen oder seine neueste Entdeckung in der Welt der Humor-Comedy zu genießen.“
Möglich, dass ChatGPT mir Kenntnisse über Krauss‘ kulinarische Vorlieben voraus hat. Ein Gegenprobe bei Google (einige erinnern sich noch an diese gute, alte Suchmaschine) mit den Schlagwörtern „Patrick Krauss Espresso“ ergab allerdings keinen Treffer und was „Comedy“ angeht, legt eine kurze Recherche nahe, dass die KI Patrick Krauss mal eben bei „Patrick Krause Comedy“ verortet hat. Mir scheint: Googeln können Menschen bisher noch besser als KI.
Sicher ist dagegen, dass Patrick Krauss gerade ein lesenswertes Buch bei Springer veröffentlicht hat: Künstliche Intelligenz und Hirnforschung heißt es. Wer gesicherte Informationen über den Mann haben will, der Bücher über dieses hochaktuelle Thema schreibt, wendet sich aber einstweilen noch besser an diesen Blog als an ChatGPT. Patrick Krauss hat dankenswerterweise unsere „großen Fragen“ beantwortet.
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Wofür lassen Sie alles stehen und liegen?
Meine Kinder.
Welche Themen interessieren Sie am meisten?
Als Wissenschaftler interessieren mich Themen am Schnittpunkt von Kognitions- und Neurowissenschaft, Künstlicher Intelligenz und Sprache. Zum Beispiel:
Wie funktioniert das Gehirn? Wie funktioniert Kognition? Was ist Intelligenz? Wie kann man das Gehirn nachbauen oder simulieren? Was lernen wir daraus für die Künstliche Intelligenz, und umgekehrt, was lernen wir von der Funktionseise der KI über das Gehirn? Wie entsteht Bewusstsein? Können Maschinen Bewusstsein haben? Wie entstand Sprache? Wie funktioniert Sprache? Wie wird Sprache im Gehirn repräsentiert, verarbeitet und erzeugt?
Privat interessiere ich mich auch für grundlegende Fragen wie: Was ist Realität? Was sind die Grenzen unserer Erkenntnis? Was ist Zeit? Was ist Materie? Was ist die Natur des Universums (oder Multiversums)? Wie entstand das Leben? Gibt es außerirdisches Leben?
Welcher Wissenschaftler fasziniert Sie besonders?
Karl Friston, mit dem ich schon die Ehre und das Vergnügen hatte gemeinsam zu arbeiten. Sein Wissen und sein Arbeitspensum sind immens.
Und welcher Philosoph?
Daniel Dennet und David Chalmers wegen ihrer tiefgründigen Beiträge zur Philosophie des Geistes, insbesondere in Bezug auf das Bewusstsein.
Welche drei Bücher würden Sie den Lesern des Blogs der großen Fragen empfehlen?
„On Intelligence“ von Jeff Hawkins. Darin entwickelt er eine sehr bemerkenswerte, relativ einfache und universelle Theorie der Funktion der Großhirnrinde.
„Ich fühle, also bin ich“ von Antonio Damasio. Meiner Ansicht nach die vielversprechendste, mechanistischste und gleichzeitig am meisten unterschätzte Theorie des Bewusstsein.
Und mein eigenes Buch über „Künstliche Intelligenz und Hirnforschung“. Für alle die wissen möchten, warum beide Disziplinen sich gegenseitig brauchen und in Zukunft immer mehr verschmelzen werden.
Welche Musik mögen Sie?
Jazz
Auf welchem Gebiet herrscht heutzutage die größte Unwissenheit?
Als gelernter Physiker würde ich tatsächlich sagen in der Theoretischen Physik, vor allem in Kosmologie und Quantenphysik. Wir kommen einer Theory of Everything welche Quantenmechanik und Allgemeine Relativitätstheorie seit Jahrzehnten nicht näher. Noch dazu häufen sich empirische Beobachtungen, welche des Theoriegebäude der Physik in Frage stellen, z. B: fehlende Hinweise auf Supersymmetrie am CERN, die Entdeckung durch das James Webb Space Teleskop von sehr alten Sternen, Galaxien und Schwarzen Löchern, die es nach dem Standardmodell eigentlich gar nicht geben dürfte, Unterschiedliche Massen des Protons je nach Messmethode, unterschiedliche Werte für die Hubble-Konstante, sowie die nach wie vor unklare Natur der Dunklen Materie und der Dunklen Energie, usw. usf.
Was macht eine Frage bedeutend?
Dass ihre Beantwortung
- auch zuvor nichtgestellte Fragen mitbeantwortet
- ebenfalls Implikationen hat, welch über den konkreten Kontext der Frage hinausgehen, möglicherweise sogar angrenzende oder völlig andere Bereiche tangieren
- gleichzeitig neue Fragen aufwirft
Eine Fee verspricht Ihnen die Antwort auf eine beliebige Frage. Was fragen Sie?
Wie viele belebte Welten gab oder gibt es in der Galaxis?
Wo sehen Sie Grenzen menschlicher Erkenntnis?
Ich bin mir nicht sicher, ob wir das Wesen bzw. die Natur der Realität jemals vollständig erfassen können.
Jemand erklärt Ihnen, die Frage nach Gott sei belanglos. Was antworten Sie?
Es ist klar, dass aus wissenschaftlicher Sicht die Existenz Gottes weder bewiesen, noch widerlegt werden kann. Da der Glaube oder Nicht-Glaube an die Existenz Gottes aber das Potenzial hat, menschliches Verhalten sehr stark beeinflussen zu können, hat die Frage nach Gott Auswirkungen und teils weitreichende Konsequenzen in der realen Welt. Deshalb ist die Frage nach Gott keineswegs belanglos.
Welche Bedeutung hat der Tod für Sie?
Im Alltag (glücklicherweise) wenig.
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Wie weit geht ChatGPT? – Patrick Krauß im Gespräch
Wir gefährlich ist KI? Darüber gehen die Meinungen auch unter Experten auseinander. „Vorsicht ist auf jeden Fall angebracht!“ meint Dr. Patrick Krauß auf meine Frage, ob wir uns angesichts der Entwicklungen auf diesem Gebiet „warm anziehen“ müssten. Der Spezialist für Integration von Künstlicher Intelligenz und Neurowissenschaft von der Universität Erlangen sieht den Turing-Test durch ChatGPT als bestanden an. „Letztes Jahr 30. November – das Datum kann man sich merken. Das wird in die Geschichte der KI eingehen.“
Wie neuronale Netzte funktionieren, was wir von ihnen noch zu erwarten haben und ob wir in einigen Jahren vielleicht „bewusste Toaster“ kaufen können – danach haben Dirk Boucsein von philosophies und ich Herrn Krauß wie immer nach allen Regeln der Kunst befragt. Hier geht es zum Trailer (das komplette Interview findet man hier):
Die Simulation des Bewusstseins – Petra Ritter im Gespräch
Prof. Petra Ritter ist Leiterin der Sektion für Gehirnsimulation an der Berliner Charité. Charité? Hatten wir – Dirc Boucsein von philosophies und ich – da nicht vor Kurzem schon jemanden interviewt? Natürlich! „Ist Ihr Interview mit John schon draußen? Er arbeite nur ein paar Türen weiter, aber wir sehen uns fast nie.“ Ja, Forschung ist zeitintensiv, das haben wir sowohl bei Frau Ritter, als auch bei John-Dylan Haynes gemerkt. Umso dankbarer waren wir, dass beide sich kurz nacheinander die Zeit für uns nahmen.
Mit Petra Ritter sprachen wir unter anderem über die Frage, ob Interviews bald von Chatbots statt von Bloggern geführt werden können und wie Intelligenz den Entscheidungsfindungsprozess beeinflusst. Zumindest auf die letzte Frage gab es eine überraschend einfache Antwort. Aber sehen Sie selbst den Trailer (zum vollständigen Interview geht es hier).
Führt mehr (künstliche) Intelligenz zu (künstlichem) Bewusstsein? – Prof. Dimitri Coelho Mollo im Gespräch
Im Interview, das Dirk Boucsein von Philosophies und ich führten, ging es auch dieses Mal wieder um aktuelle Fragen künstlicher Intelligenz und künstlichem Bewusstsein. Professor Dimitri Coelho Mollo, Wissenschaftsphilosoph mit Spezialisierung auf Künstliche Intelligenz und Kognitionswissenschaft, fragten wie unter anderem, wie man diese beiden Begriffe voneinander abgrenzen könne. Als Gast-Interviewer unterstützte uns dieses Mal Yervant Kulbashian (Engineering Manager bei einer kanadischen KI-Plattform). Vielen Dank!
Coelho Mollo ist Gebietskoordinator des Centre for Transdisciplinary AI (TAIGA) an der Umeå University (Schweden) und externer Principal Investigator am Science of Intelligence Cluster (Berlin). Seine Forschung konzentriert sich auf grundlegende und erkenntnistheoretische Fragen innerhalb der künstlichen Intelligenz und der Kognitionswissenschaft und sucht nach Wegen, unser Verständnis von Geist, Kognition und Intelligenz in biologischen und künstlichen Systemen zu verbessern.
Wie immer kann man hier über unseren Teaser in hineinschnuppern. Das vollständige Interview findet sich hier auf unserem Kanal Zoomposium.
Ist künstliches Bewusstsein möglich? – Dieter Birnbacher im Gespräch (Video)
In Zeiten, in denen ChatGPT in aller Munde ist, durften Dirc Boucsein von philosophies und ich einen Experten in Fragen des Transhumanismus und deren ethischer Bewertung befragen. Mit Prof. Dieter Birnbacher sprachen wir über die Frage, ob der Materialismus das menschliche Bewusstsein erklären kann, ob ChatGPT vielleicht eines Tages bewusst wird und ob der Epiphänomenalismus ein befriedigende Erklärung für der Orgasmus liefert. In folgenden Teaser kann man wie immer hineinschnuppern. Zu vollständigen Interview geht es hier.
Professor Dr. Dr. h. c. Dieter Birnbacher, Jahrgang 1946, ist ein deutscher Philosoph mit den Schwerpunkt Ethik. Er befasst sich unter anderem mit Problemen im Spannungsfeld von Transhumanismus und Biokonservativismus: Inwieweit dürfen und sollen wir die Natur des Menschen verändern? Hat die Unterscheidung von Künstlichkeit und Natürlichkeit ethisches Gewicht? Weitere Schwerpunkte sind Probleme des Epiphänomenalismus, Emotionstheorien und Schopenhauerforschung. Er ist außerdem Vizepräsident der Gesellschaft für Humanes Sterben e. V. und der Schopenhauer-Gesellschaft und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Giordano-Bruno-Stiftung.

