Ein philosophischer Roman und zwei Klappentexte

Es ist soweit! Der schon mehrfach angekündigte Roman ist raus! In Balduins Welträtsel – Das Körper-Geist-Problem und die Liebe geht es, wie schon der Untertitel sagt, um zwei große – vielleicht die größten – menschlichen Rätsel. Der Klappentext verrät folgendes:

Balduin Schönwald arbeitet als Neurowissenschaftler an einem renommierten Institut und versucht, eines der letzten Welträtsel zu lösen: die Natur des menschlichen Bewusstseins. Bei einem Experiment während einer Gehirnoperation macht sein Team eine spektakuläre Entdeckung. Haben sie die Seele aufgespürt? Balduins Überzeugungen geraten ins Wanken, doch als die Journalistin Sara Almeida am Institut auftaucht und sich für das Experiment interessiert, erkennt er, dass es noch größere Rätsel gibt.

Balduins Welträtsel, Klappentext

Nun ist es kein Geheimnis, dass Klappentexte so etwas wie der kleinste gemeinsam Nenner sind, um möglichst viele Leser anzusprechen. Für die Leser dieses Blogs und alle, die in den Problemkreis Bewusstsein-Qualia-Willensfreiheit schon ein wenig eingedrungen sind, daher hier ein etwas tiefergehender, alternativer Klappentext:

Das Forschungsteam um den verträumten Mathematiker Balduin Schönwald hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Sie wollen die Natur des menschlichen Bewusstseins enträtseln. Das nach dem bekannten Philosophen Peter Bieri benannte Bieri-Trilemma soll gelöst und die Frage, ob der Geist ein Produkt des Körpers ist oder nicht, endlich beantwortet werden. Ein Experiment während einer Gehirnoperation, das der ebenfalls berühmte Neurowissenschaftler Benjamin Libet kurz vor seinem Tod vorgeschlagen hat, soll Klarheit schaffen. Dabei machen sie eine spektakuläre Entdeckung.
Der unerwartete Ausgang des Experiments verwirrt Balduin. Die Beziehung zwischen Geist und Körper scheint ihm mysteriöser denn je. Als dann die Journalistin Sara Almeida am Institut auftaucht und ihn zu dem Experiment befragt, merkt er allerdings, dass es noch größere Rätsel gibt, und dass das Verhältnis zwischen Körper und Geist nicht nur beim Bewusstsein, sondern auch in der Liebe ungeklärt ist.

Balduins Welträtsel war nahe daran, einen Verlag zu finden. Es gab Literaturagenten, die sich die Zeit nahmen, das ganze Manuskript zu lesen. So weit muss man auch erst mal kommen. Am Ende sollte es nicht sein, aber das ist in Ordnung. Die (Post-)Moderne hat auch ihr Gutes und so kann man Balduins Welträtsel hier als E-Book oder gebundenes Buch bestellen und damit auch diesen Blog unterstützen. Aber nun genug der Geschichten über Klappentexte und Literaturagenten. Lesen Sie hier das erste Kapitel und kaufen Sie danach. Tauchen Sie ein in zwei große Mysterien der Menschheit.

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„Gehirn: das Instrument, mit dem unser Geist Musik macht.“ Karl R. Popper

„In den besseren Stunden aber wachen wir soweit auf, dass wir erkennen, dass wir träumen.“ Ludwig Wittgenstein

„Der Geist baut ein Luftschiff. Die Liebe aber macht gen Himmel fahren.“ Christian Morgenstern


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“I am doing science on the mind and the brain …”

Dieser Hirntumor war ein Glücksfall! Balduin blätterte in der Patientenakte. Er tat es nur, um die Zeit zu überbrücken, denn er kannte die Akte praktisch auswendig. Der Tumor hatte das Sehzentrum der Patientin befallen. Das Sehzentrum! Da eine Chemotherapie erfolglos geblieben war, musste es operativ entfernt werden. Das war exakt das, wonach sie gesucht hatten.

Was für die Ärzte ein Misserfolg war, das war für Balduin und sein Team eine Chance, denn er war kein Arzt, er war Hirnforscher im Institut am anderen Ende der Stadt. Genau genommen war Balduin Mathematiker und Philosoph. Vor zwei Jahren war er jedoch zu diesem Projekt gekommen, in dem die Natur des menschlichen Bewusstseins enträtselt werden sollte. Es ging um uralte Fragen: Woher stammt der Geist? War er ein Produkt des Gehirns, wie die meisten Wissenschaftler annahmen, oder doch etwas Eigenständiges? Balduins normaler Arbeitsalltag fand zwischen Hirnscannern, Computern und Büchern statt, doch heute würde es blutiger zugehen, denn sie brauchten ein abgetrenntes Sehzentrum, um diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Er hob seinen Blick und schaute durch die Glaswand in den Operationssaal. Die Patientin war bereits narkotisiert. Drei Ärzte standen in weißen Kitteln um sie herum und trafen Vorbereitungen.

„Jetzt kommt der unangenehme Teil.“ Eva-Maria, die biologisch-technische Assistentin des Teams, schaute ebenfalls gespannt auf die Szenerie. Balduin sah ihr Nicken im Reflex der Glasscheibe. Er mochte ihre Stupsnase. Wenn das Experiment so ausginge, wie sie erwartete, stünde die Hirnforschung Kopf, so viel war sicher. Eva-Maria war überzeugt, sie standen kurz vor der Entdeckung der Seele. Sie war die Einzige aus der Arbeitsgruppe, die diesen Gedanken auszusprechen wagte, wenn sie in den Pausen im Institutsgarten ihren Kaffee schlürften. Die anderen belächelten sie hinter vorgehaltener Hand dafür, besonders natürlich Waldemar. Sie waren sich einig, dass es bei dem Experiment keine Überraschungen geben konnte – jedenfalls sagten sie das. Alles andere hätte schließlich die gültige Theorie in Frage gestellt, nach der Bewusstsein ein Produkt des Gehirns war.

Der Chirurg begann mit der Trepanation. Kein Anblick für zarte Gemüter. Trepanation kam vom lateinischen Wort trepanum – und das bedeutete Bohrer. Balduin senkte den Blick und sah auf das Foto der Patientin. Ihm ging es um das Experiment und seine Forschung, dennoch ließ ihn ihr Schicksal nicht kalt. Dafür war er bei aller wissenschaftlichen Zielstrebigkeit viel zu zart besaitet. Er hatte im Auftrag des Instituts die Verbindung zu ihr hergestellt. Außenkontakte waren seine Sache. Kohlstätter, sein Chef, meinte, er habe ein Händchen dafür. Das Rätsel des Bewusstseins und das ganze Forschungsprojekt waren ihm angesichts ihrer gesundheitlichen Probleme mit einem Schlag so unbedeutend vorgekommen. Er bewunderte ihre Tapferkeit. Als er ihr alles erklärt und sich schließlich zu der Frage durchgerungen hatte, ob sie für das Experiment zur Verfügung stünde, hatte sie nur geschmunzelt. Das wäre kein Problem, da sie die OP ohnehin über sich ergehen lassen müsste, böte es sich doch an, der Wissenschaft damit einen kleinen Dienst zu erweisen.

Sie hatte es ihm leicht gemacht. Wie schon mit ihrer blonden Kurzhaarfrisur und ihrer unaufgeregten Art hatte sie ihn damit an Angelika, seine Verflossene, erinnert. Balduin hatte sie vor etwa drei Jahren – er war gerade dabei gewesen, seiner Doktorarbeit den letzten Schliff zu verpassen – bei einer Studentenfete auf einem abgelegenen Bauernhof kennengelernt. Trotz mäßiger Musik hatten sie ein paar Mal getanzt. Als er dann zu angeheitert gewesen war, um noch nach Hause zu fahren, hatte sich herausgestellt, dass sie einen großen Schlafsack dabeihatte.

Angelika war pragmatisch und betrachtete die Dinge meist von ihrer funktionalen Seite. Das galt auch für ihr Verhältnis zu Sex. Balduin mochte das, er war schließlich ein Mann. Aber zu behaupten, dass dies der Grund für ihre Beziehung gewesen sei, wäre ungerecht. Er hatte sie aufrichtig gemocht und zuvorkommend behandelt, wie es seine Art war. Ob er sie auch geliebt hatte, war indes eine schwierige Frage für einen Philosophen. Einmal waren sie nach einem Bachkonzert – es war die Ouvertüre in C-Dur – bei einem Glas Wein zusammengesessen. Balduin war noch immer den Tränen nahe gewesen, als sie begonnen hatte, von einem Problem mit ihrer Waschmaschine zu berichten. Da hatte er sich zum ersten Mal einsam in der Zweisamkeit gefühlt. Dennoch hatte es ihn schwer getroffen, als sie ihn zwei Monate später wegen eines Juristen hatte sitzen lassen. Er war auf Arbeitssuche gewesen und hatte die Wahl zwischen einem gut bezahlten Job bei einer Versicherung und dem Bieri-Projekt gehabt, für das er sich schließlich entschied. Niemand hatte das Geist-Gehirn-Problem so prägnant formuliert wie Peter Bieri in seinem Trilemma. Angelika hatte ihm natürlich zu der Stelle bei der Versicherung geraten. Den Geist erforschen, das könne nicht gutgehen, hatte sie zu ihm gesagt. Aber da er ein Träumer sei, werde er ohnehin dieses „komische Projekt“ wählen, da sei sie sicher.

Seine Entscheidung hatte er dann als Single treffen müssen. Bis heute ärgerte ihn die Leichtigkeit, mit der sie seine Wahl damals vorhergesehen hatte. War er so einfach zu durchschauen? Wo war sein freier Wille? Er hatte sich für das Bieri-Projekt entschieden, nicht, weil es „irgendwie dubios“ gewesen wäre, wie Angelika es nannte. Das Gegenteil war der Fall. Es war Forschung an einem der ältesten Rätsel überhaupt, einem Welträtsel sozusagen. Das war keine Träumerei, sondern die Chance bei etwas Großem dabei zu sein. Auch wenn Angelika nichts davon verstand, er würde ihr das Paper unter die Nase halten, sobald sie eine bedeutende Entdeckung gemacht hatten.

Inzwischen war die Trepanation beendet. Der Schädel der Patientin war geöffnet und der Narkosearzt machte sich an einigen Schläuchen zu schaffen. Es würde nicht mehr lange dauern. Eva-Maria schaute Balduin fragend an. Sollten sie jetzt den anderen Bescheid geben? Er nickte ihr zu und sie griff nach ihrem Handy, um eine WhatsApp zu senden.

Eva-Maria hatte mit ihrem andächtigen Blick und ihren langen, glatten Haaren eine Ausstrahlung, die gut zum zweiten Teil ihres Vornamens passte. Sie besaß eindeutig mehr Maria- als Eva-Anteile, wozu ihre Erziehung vermutlich das ihre beigetragen hatte. In einer evangelikalen Gemeinde auf dem Dorf aufgewachsen, war sie Anhängerin der Intelligent-Design-Theorie, nach der die plausibelste Erklärung für die Entstehung des Menschen im Alten Testament, genauer gesagt, im Buch Genesis zu finden war. Fragen nach dem Alter der Erde pflegte sie auszuweichen. Ob das auch ursächlich für ihre gescheiterte Kurzzeitehe gewesen war, war schwer zu sagen. Jedenfalls hatte ihr frisch gebackener Ehemann nicht nur sie, sondern gleich die ganze Gemeinde kurz nach der Vermählung sitzen lassen. Dieser Schicksalsschlag hatte sie aber nicht davon abgehalten, ihre Ausbildung zur biologisch-technischen Assistentin abzuschließen. Viele am Institut konnten nicht nachvollziehen, wie jemand mit solchen Ansichten biologisch-technische Assistentin werden konnte, weshalb Eva-Maria oft im Mittelpunkt der Gespräche stand – jedenfalls dann, wenn sie nicht anwesend war. Wie auch immer, sie gehörte zu Balduins verlässlichsten Arbeitskollegen.

Ein Knacken ließ Balduin aufhorchen. Der riesige Monitor an der Seitenwand des Raumes wurde eingeschaltet. Ab jetzt konnten sie dort jedes Detail der Operation in Ton und Bild verfolgen. Der geöffnete Schädel der Patientin erschien. Balduin hatte freien Blick auf die gewundenen Strukturen des rätselhaftesten Organs des Menschen.

Da ging die Tür auf. Professor Ehrenhardt, der Direktor des Instituts, kam herein, gefolgt von Kohlstätter, dem Projektleiter und Waldemar. Waldemar war Physiker und Informatiker, Balduin hatte ihn im Studium bei einem Seminar über Turing-Maschinen kennengelernt. Als er zum Projekt gekommen war, war Waldemar schon am Institut angestellt gewesen und war eigentlich mit der Programmierung neuronaler Netze beschäftigt. Ehrenhardt wollte ihn jedoch ebenfalls beim Bieri-Projekt haben, so dass Waldemar schließlich wechselte, wenn auch nicht ganz freiwillig. Er fand das Projekt „ein bisschen spiritistisch“, wie er sich in Abwesenheit Ehrenhardts gelegentlich ausdrückte. Jedenfalls waren Balduin und Waldemar sich so wieder begegnet. Inzwischen waren sie Freunde.

Aus dem Lautsprecher tönte die Stimme des Chirurgen: „Wie geht es Ihnen?“ Die Frage war an die Patientin gerichtet.

„Habe mich nie besser gefühlt! Und selbst?“ Balduin zuckte zusammen. Auch wenn er gewusst hatte, dass sie die Patientin wecken würden, kam es ihm jetzt, nachdem er die Trepanation mit eigenen Augen gesehen hatte, unwirklich vor, wie sie putzmunter mit dem Chirurgen scherzte. Es war nicht ungewöhnlich, dass solche Operationen bei vollem Bewusstsein durchgeführt wurden. Das Gehirn erzeugte das Schmerzempfinden für den gesamten Köper – außer für sich selbst. Es war komplett gefühllos. Eine Musikerin hatte einmal bei einer solchen OP gesungen, während ihr ein Hirntumor entfernt wurde. Dadurch konnten sich die Chirurgen sicher sein, dass sie den auditiven Cortex nicht verletzten, der für das musikalische Können der Patientin unerlässlich war.

Heute hätte man die Patientin in der Narkose belassen können, wenn nicht das Experiment gewesen wäre. Das war der kritischste Punkt, den Balduin ihr hatte erklären müssen. Wer möchte schon, dass man ihm bei vollem Bewusstsein am Hirn herumschnippelt? Er hatte ihr das Video gezeigt, auf dem die Musikerin während der Operation „Take me home, country roads“ trällerte. Sie hatte nur genickt. Eine toughe Person!

Auf dem Monitor war nun ihr Gesicht zu sehen. Sie trug eine schwarze Stoffbrille, denn es durfte keinerlei Licht in ihre Augen dringen, das war für das Experiment entscheidend. Danach zeigte der Schirm wieder ihr Gehirn. Balduin spürte, wie die Spannung bei den Anwesenden zunahm. Man hätte eine Stecknadel fallen hören. Der Chirurg hantierte eine Weile mit verschiedenen Geräten herum, dann gab er das verabredete Zeichen. Er hatte den entscheidenden Schnitt gesetzt. Auf dem Bildschirm erkannte man ein Stückchen graue Masse, das nur noch durch einen schmalen Steg mit dem Rest des Gehirns verbunden war. Es war das Sehzentrum. Dieser kleine Hirnlappen war jetzt vom Nervensystem der Patientin getrennt, wurde aber noch durch ihre Blutgefäße versorgt. Ein Stück lebendes Gehirn ohne neuronale Verbindung zu einem Körper!

Der Assistenzarzt hielt zwei haarfeine Elektroden in die Höhe und blickte durch das Glas in ihre Richtung. Kohlstätter nickte ihm zu. Professor Ehrenhardt fixierte das Geschehen im OP wie jemand, der auf keinen Fall eine Sensation verpassen wollte. Kohlstätter gab sich wie immer unbeeindruckt, aber auch bei ihm registrierte Balduin eine ungewöhnliche Anspannung der Gesichtsmuskeln. Eva-Maria hatte glasige Augen und selbst Waldemar schien nervös. Sein überlegenes Lächeln wirkte aufgesetzt. In Balduin herrschte ein Chaos aus sich einander widersprechenden Empfindungen. Ein Gefühl war dabei dominant, doch er war sich nicht sicher, wie er es benennen sollte. War es Hoffnung?

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Balduins Welrätsel – Das Körper-Geist-Problem und die Liebe, ISBN: 9798390510803
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Zwischen Urknall und „Popper-Keule“ – Thomas Naumann und Ilja Bohnet im Gespräch über die Rätsel des Universums (Video)

Beim Zoomposium durften Dirk Boucsein (philosophies.de) und ich diesmal die beiden Buchautoren Prof. Dr. Thomas Naumann und Dr. Ilja Bohnet interviewen. Die beiden Physiker haben jüngst ein Buch über die offenen Fragen in den Naturwissenschaften veröffentlicht. Es ging aber nicht nur um dunkle Materie und das Comeback von Einsteins kosmologischer Konstante, sondern auch um noch „größere“, weil philosophische Fragen. Unter anderem:

Ist der Kosmos schön und ist Schönheit ein Kriterium für Wahrheit? Warum fand die katholische Kirche die Idee des Urknalls so toll? Ist die Feinabstimmung des Universums ein Hinweis auf einen Schöpfer? Ist die Stringtheorie eine Metaphysik und – falls ja – eine gute? Und wie würde Karl Popper das einschätzen?

Das und mehr findet man hier im Interview auf unserem Kanal Zoomposium. Wer sich zunächst einen Eindruck verschaffen möchte, kann mit diesem Teaser hineinschnuppern:

Nachtzug ins Unerklärliche – Warum das Bewusstsein noch immer ein Rätsel ist

Sehen wir alle dasselbe, wenn wir „rot“ sagen? (Bild: youtube screenshot)

Im Jahre 2004 erschien der Roman Nachtzug nach Lissabon von Pascal Mercier. Es sollte ein Weltbestseller werden, der in 32 Sprachen übersetzt und 2013 schließlich auch verfilmt wurde.

Über eine seiner Hauptfiguren, Amadeu de Prado, einen charismatischen portugiesischen Arzt zu Zeiten der Salazar-Diktatur, heißt es darin „…er war unersättlich in seinem Bedürfnis nach Erklärungen, und es muß im Hörsaal dramatische Szenen gegeben haben, wenn er mit seinem unerbittlichen kartesischen Scharfsinn darauf hinwies, daß etwas, was als Erklärung ausgegeben wurde, in Wirklichkeit keine war.

Pascal Mercier ist ein Pseudonym, hinter dem sich der Schweizer Philosoph Peter Bieri verbirgt. An welche Pseudoerklärung er beim Schreiben dieser Zeilen dachte, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, aber es ist gut möglich, dass er sich von den heutigen „Erklärungen“ für das Phänomen Bewusstsein inspirieren ließ. Denn auch über das Bewusstsein hat Bieri geschrieben und die fundamentalen Probleme bei der Erklärung desselben in einem prägnanten Trilemma zusammengefasst.

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Hawkings Bluff (2) – Von Einhörnern und parallelen Welten

Teil 2: Warum es keine Creatio ex theoria gibt

Phantastische Ideen: Multiversum und Einhorn

(Den 1. Teil des Beitrags findet man hier.)

Eine „Theorie von Allem“, eine „Weltformel“, das wär’s doch. Glaubt man Stephen Hawking und anderen, so gibt es dafür einen vielversprechenden Kandidaten, die M-Theorie. Wofür das M dabei steht, ist nicht so ganz klar. Es könnte aber, wie eher scherzhaft eingeräumt wird, für magisch, geheimnisvoll (engl.: mystery) oder Mutter stehen[i]. Letzteres würde bedeuten, dass es sich dabei um die Mutter aller Theorien handelte, was insofern ganz passend wäre, als es sich bei der M-Theorie um keine einheitliche Theorie, sondern um eine Familie aus verschiedenen Stringtheorien handelt.

Der Ausdruck „Theorie von Allem“ ist allerdings etwas irreführend, denn Sie könnten mit Hilfe dieser Theorie, so es sie gäbe, beispielsweise nicht die Lottozahlen vom nächsten Samstag berechnen oder den künftigen Verlauf der biologischen Evolution vorhersagen. Aber man könnte alle bekannten Naturkräfte einheitlich beschreiben. Und das wäre ja schon mal was.

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Der delische Raumzeittaucher – Christian Bührig, Blogger

Bloggt über Philosophie und Quantentheorie: Christian Bührig

Keine Denkverbote, aber auch keine haltlosen Spekulationen – so habe ich das Motto des Blogs einmal zusammengefasst. Man könnte auch sagen: Bitte einen Bezug zur Realität, aber nicht die ausgelatschten Pfade des gerade geltenden wissenschaftlichen Paradigmas breittreten. Unsere Leser erwarten schon eine gewisse Grenzerfahrung, eine Infragestellung des Gewohnten oder eine ungewöhnliche Perspektive und ja, vielleicht auch einen Hauch Metaphysik.

In der Rubrik Zeitgenossen antworten (die ich vielleicht irgendwann noch in Typen statt Theorien umbenennen werde) sind daher Personen willkommen, die diesem doppelten Standard gerecht werden. Das ist dieses Mal vielleicht sogar in besonderem Maße der Fall.

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Die Quantentheorie und der Kampf um die Seele der Physik

Ein Gastbeitrag von Christian Bührig

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Teilnehmer der Solvaykonferenz 1927 – Die „Quantenkritiker“: Einstein (1. Reihe, Mitte), Schödinger (3. Reihe, Mitte); die „Quantenfreaks“: Bohr (2. Reihe, ganz rechts), Heisenberg und Pauli (3. Reihe, 3. u. 4. v. rechts)

A. Einleitung von Axel Stöcker

Von allen naturwissenschaftlichen Theorien ist die Quantentheorie jene, die am besten empirisch bestätigt wurde. Und sie ist wohl auch die Theorie, die am meisten technisch angewendet wird. Von der Neonröhre bis zum Computer, von der Quantenkryptographie bis zur Photovoltaik, alles beruht auf Quanten.

Doch so souverän man die Theorie in der Praxis auch beherrscht, so unsicher ist man sich nach wie vor in der Frage, wie ihre theoretischen Grundlagen eigentlich zu interpretieren sind. Zugespitzt formuliert gleicht die Quantentheorie einer großen Black Box, die perfekte Ergebnisse liefert, aber deren Inneres ein großes Rätsel darstellt. Was bedeuten all die Wellenfunktionen, Matrizen und Operatoren eigentlich? Repräsentieren sie physikalische Realitäten, oder sind es lediglich raffinierte mathematische Simulationen?

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Und was sagte Platon dazu? – Daniel Brockmeier, Vlogger

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Vloggt zur Philosophie: Daniel Brockmeier

Die Kategorie Zeitgenossen antworten lief bisher eher bescheiden. Von den fünf befragten Zeitgenossen waren drei Blogger. Zwei davon sind inzwischen nicht mehr aktiv und einer war ich selbst. Nunja. Jugendsünden eines Blogs, der in diesen Tagen drei Jahre alt wird. Nun soll es anders werden.

Die Idee der Kategorie war von Anfang an, immer dieselben Fragen an verschiedene Personen zu stellen. Die Hoffnung dabei: wenigstens unterschiedliche Aspekte dessen auszuleuchten, was ohnehin nicht letztgültig beantwortet werden kann. Die großen Fragen eben, sei es die nach den Grenzen menschlicher Erkenntnis oder auch nur jene nach guter Musik.

Typen statt Theorien – so könnte man das Motto der Kategorie schlagwortartig zusammenfassen. Wobei Philosophen naturgemäß ein größeres Interesse an den großen Fragen mitbringen als andere. So stellt sich auch heute der Vlogger und Philosoph Daniel Brockmeier unseren Fragen.

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New Age in der Physik (2) – Mit Bayes ins Nirwana

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Spektrum Highlights 1/2017

Der Quantenphysiker Wolfgang Pauli wurde für seine scharfe Zunge ebenso geschätzt wie gefürchtet. Werner Heisenberg goutierte ihn als kompetenten Kritiker und pflegte zu sagen: Wenn’s der Pauli nicht verreißt, kann ich’s veröffentlichen. Fand er einen Aufsatz schlecht, nahm Pauli kein Blatt vor den Mund. Und wenn ihm etwas völlig unbrauchbar schien, griff er zu einer besonders „liebevollen“ Formulierung. Er pflegte dann zu sagen, das sei „ja noch nicht einmal falsch“.

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Maschine Mensch

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Zitat 1 im Dezember – Karl R. Popper

Der Mensch ist eine Maschine, ein Bio-Roboter. Das ist trivial. Wer im Biologieunterricht ein wenig aufgepasst oder schon Mal einen Gesundheitsratgeber gelesen hat, weiß das.

Nicht trivial ist dagegen die Frage, ob sich der Mensch auf seine Maschinenhaftigkeit reduzieren lässt. Also: Ist er nichts anders als ein Bio-Roboter oder ist er unter anderem auch ein Bio-Roboter?

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New Age in der Physik (1) – Potemkinsche Dörfer gegen Popper

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Spektrum Highlights 1/2017

New Age – das stand bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts für gesellschaftliche Veränderungen im Zeichen des anbrechenden Wassermannzeitalters: ganzheitliche Medizin, spirituelle Erleuchtung, Räucherstäbchen, Yin und Yang… Selbst an den Naturwissenschaften ging das nicht spurlos vorüber. „Wendezeit“ und „Das Tao der Physik“ hießen damals Bestseller des Physikprofessors Fritjof Capra, in denen er die Überbetonung des Yang-Prinzips in der Wissenschaft kritisierte und eine philosophische Konvergenz zwischen moderner Physik und östlicher Mystik forderte. Im Nachhinein lässt sich sagen: Verändert hat das die Naturwissenschaft wenig. Die wissenschaftliche Theoriebildung blieb davon sogar völlig unberührt.

Doch im neuen Jahrtausend führen neue Versuchungen auch zu neuen Versuchen die Physik zu esoterisieren – wenn auch aus einer ganz anderen Richtung und aus völlig anderen Motiven. Die Protagonisten des „neuen New Age“ der Physik kommen aus dem Zentrum der Forschung und könnten daher dieses Mal mehr Erfolg haben. Es sind vor allem theoretische Physiker und Kosmologen wie Stephen Hawking und Max Tegmark, die der „Bewegung“ anhängen. Zu den „neuen Capras“ gehört auch der britische Physiker Robert Matthews, dessen Ideen man unlängst in Spektrum der Wissenschaft (Spektrum Highlights 1.17 – Reise durch das Quantenuniversum) lesen durfte. Formulierungen wie, man solle Poppers Kriterium der Falsifizierbarkeit „lockerer nehmen“ und stattdessen die „relative Plausibilität“ von Theorien „abschätzen“, lassen Schlimmes befürchten. Denn: Wenn sich heutzutage ein Laie darauf verlassen kann, dass dort wo „Wissenschaft“ draufsteht auch tatsächlich Wissenschaft drin ist, so ist dies wesentlich den Kriterien des österreichisch-britischen Philosophen Karl Popper zu verdanken.

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